Darum Märtyrer
Ich weiß nicht genau, ob es Ihnen ähnlich ergeht, aber ich habe Märtyrern gegenüber immer ein zweifaches Gefühl. Einerseits ist da die Bewunderung. Märtyrer sind offensichtlich starke Menschen: Frauen und Männer, die für Christus sterben, sind Helden des Glaubens. Auch
Ich weiß nicht genau, ob es Ihnen ähnlich ergeht, aber ich habe Märtyrern gegenüber immer ein zweifaches Gefühl.
Einerseits ist da die Bewunderung. Märtyrer sind offensichtlich starke Menschen: Frauen und Männer, die für Christus sterben, sind Helden des Glaubens. Auch in unserer Zeit erleben wir jede Menge solcher Helden: Die Christen sind heute die meistverfolgte Glaubensgemeinschaft der Welt. Anderseits habe ich immer auch eine bestimmte Furcht oder eine Ehrfurcht empfunden: Wäre ich imstande, Christus derart zu bezeugen wie z.B. der heilige Franziskanerpater Engelbert Kolland, der 1860 in Damaskus sein Leben gelassen hat.
Martyrium ist nicht Todessehnsucht. Es geht nicht darum, dass Menschen lebensmüde sind. Fast jedem Martyrium voraus geht ein inneres Ringen, ein Abwägen von Argumenten: Bestehe ich auf den Grundsatz oder gebe ich nach? Bei einer Vielzahl von Märtyrern – insbesondere während der Zeit des Nationalsozialismus – wissen wir von diesem Ringen. Denken wir nur an den seligen Franz Jägerstätter: Seine Ablehnung des menschenverachtenden und auch antichristlichen Regimes bedeutete auch, dass seine Familie ohne ihn zurechtkommen musste. Das war ihm bewusst. Und damit hat Franz Jägerstätter auch gerungen. Christliches Martyrium ist also nicht unüberlegtes Handeln: Wann ist der Moment gekommen, an dem man nicht mehr ausweicht? P. Engelbert war um das eigene Leben bemüht. Erst als ihm die Häscher keinen Ausweg mehr ließen, blieb er standhaft: Eine Verleugnung des Glaubens kam für ihn nicht in Frage.

Heute tragen alle möglichen Bekenner die Bezeichnung „Märtyrer”. Im ursprünglichen Sinn stehen Märtyrer aber nicht für eine eigene Idee ein. Märtyrer bezeugen nicht sich selbst, sondern sie weisen von sich weg: Märtyrer bezeugen Christus. Es ist eine besondere Form der Nachfolge, die ökumenisch ist: So gut wie alle christlichen Konfessionen kennen Menschen, die ihr Leben lassen mussten, insofern sie an Christus festhielten. Erst der Bezug auf Christus macht aus selbstsicherer Sturheit echte Standhaftigkeit.
Standhaftigkeit und Christus-Liebe sind zwei gleich wichtige Seiten eines Blutzeugen. Nicht jeder Gläubige muss ein Martyrium erleiden, aber alle brauchen wir solche Vorbilder: “Wer sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es gewinnen” (Mt 10,39).