Alles redet darüber, wer auf Papst Franziskus folgt und damit 267. Bischof von Rom werden wird. Es ist wie bei der Vorrunde einer Fußball-WM: Jeder hat so seine Tagträume. Klar ist nur eines: Wer auch immer Papst ist, dem werden wir folgen. Wollte schon Franz von Assisi so haben.
Man muss Verständnis haben: Journalisten, Theologen, Beobachter, Analysten oder auch A-, B- und C-Promis haben alle eine Meinung darüber, wie die Wahl zum neuen Papst der Lateinischen Kirche ausgehen wird. Es ist das Mediengeschäft. Man kann nicht einfach nur ignorieren, was auf jedem Dorfplatz und an allen Ausschanktresen Gesprächsthema ist. Das führt dazu, dass Spekulationen Hochkonjunktur haben: Man muss sagen, welche Namen im Gespräch sind ohne jene zu nennen, die über diese Namen sprechen. Man will schreiben, wer denn welche Art von Pontifex sein könnte, insofern die eigenen Leser etwas zum mit-reden bekommen. Mitreden: Das ist das Schlüsselwort, mit dem die Menschen das Gefühl bekommen, an jenem Prozess Anteil zu haben, der den Kurs der Kirche bestimmen wird. Wer sich in vermeintlicher Noblesse zurück hält, der vermittelt auch Abgehobenheit. Anteil nehmen bedeutet Interesse zu bekunden. Per se ist das weder schlecht noch gut. Ähnliches geschieht in allen Bereichen des öffentlichen Lebens: in der Politik, beim Sport, zu Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens.
Nur ist jeder gut beraten, das „Mitfiebern“ nicht über Gebühr ernst zu nehmen. Ein guter Teil der Missverständnisse in den Pontifikaten von Benedikt XVI. und dann von Franziskus wurzelte darin, dass vorab Erwartungen formuliert und Prognosen definiert wurden, die eher der Vorstellungskraft der jeweiligen Autoren entsprungen waren. Ein mündiger Mensch mit gesundem Interesse an globalen Ereignissen wie der Papstwahl entzieht sich nicht a priori dem Gerede. Ein mündiger Mensch mit gesundem Interesse weiß aber von der Begrenztheit des eigenen Mitfieberns. Er nimmt seinen eigenen Standpunkt nicht über die Maßen ernst.
„Regel und Leben der Minderen Brüder ist dieses, nämlich unseres Herrn Jesu Christi heiliges Evangelium zu beobachten durch ein Leben in Gehorsam, ohne Eigentum und in Keuschheit.
Bruder Franziskus verspricht Gehorsam und Ehrerbietung dem Herrn Papst Honorius und seinen rechtmäßigen Nachfolgern sowie der Römischen Kirche.
Und die anderen Brüder sollen verpflichtet sein, dem Bruder Franziskus und dessen Nachfolgern zu gehorchen.“ (bR 1)
Der seraphische Vater Franziskus, Ordensgründer und bis heute „Role Model“ aller franziskanisch orientierten Brüder und Schwestern, hat das Problem intuitiv erfasst: Eine der Herausforderungen bei der Nachfolge Christi ist die Gemeinschaft mit den anderen Gläubigen. Ein Christ geht nicht allein durchs Leben. Es ist die Kirche, die ihn an den Herrn bindet. Für Franz von Assisi (1181-1226) war immer klar, dass er sich und seine Ordensgemeinschaft an die Kirche bindet. Das kommt nicht nur im ersten Absatz der Ordensregel zum Ausdruck, sondern zeigt sich auch bei zahlreichen anderen Begebenheit, in denen bei den kirchlichen Amtsträgern um Rat oder Indikation fragt. Die Einheit der kirchlichen Gemeinschaft verwirklichte sich für Franz von Assisi im Amt der Nachfolger Petri. Es ist zwar – heute mehr denn je – durchaus legitim, anderer Meinung zu sein als die Kirchenleitung. Bisweilen scheint ein Einwand auch geboten, aber wer sich grundsätzlich gegen einen römischen Pontifex stellt, der kann sich dabei nur schwer auf den großen Heiligen aus Assisi berufen.
Und das gilt auch noch nach 800 Jahren: Jeder Christ kann und soll sich Gedanken machen, wie und mit wem es weiter geht. Aber wer auch immer am Ende von der Benediktionsloggia am Petersplatz winkt, dem gilt dann „Treue und Ehrerbietung“ (bR 1).
mtz