Unmittelbar nach dem Geburtsfest des Herrn legt die Kirche das heutige „Fest der Heiligen Familie“ und das ist auch logisch: Wir hören in diesen Wochen jene Evangelienabschnitte, in denen es um die Kindheit Jesu geht.

Wie viele andere Menschen auch, so wird der junge Jesus von seinen Eltern aufgezogen, für sein Leben vorbereitet. Das ist ein Gedankengang, den wir heute nicht mehr so stark wahrnehmen: Eine Familie mit ihren Beziehungsgeflechten ist wesentlich für ein Kind. Und sie ist – insofern sie leider nicht jedem Menschen gegeben ist – ein Geschenk. Für den protestantischen Theologen Dietrich Bonhöffer (der gegen die Nationalsozialisten sein Leben gelassen hat) war sie noch mehr: Familie, so sagt er sinngemäß einmal, ist eine mit göttlichem Mandat ausgestattete Autorität: „Die Eltern sind für das Kind Gottes Stellvertreter als seine Erzieher“. Als solche können wir Maria und Josef verstehen: Ihre Rolle ist es, den jungen Buben bis zu dessen Eigenständigkeit zu bringen.

Es gilt aber auch die Einsicht, dass heute das Fest der Heiligen Familie auch einen Beigeschmack hat: Für viele Menschen bei uns sind weihnachtliche Familienzeiten mit Stress, manchmal auch mit Ärger oder Streit verbunden. Oder noch radikaler: Viele Menschen spüren, dass sie Familie zwar brauchen würden, sie aber nicht haben. Oder dass ihre Familie im Streit zerbricht. Was also gibt es da zu feiern? Müssen wir uns damit abfinden, dass wir einfach nicht so gut sind wie die heilige Familie?

Natürlich nicht: Die Heilige Familie ist nicht deswegen heilig, weil sie besonders perfekt, vollkommen liebevoll oder ähnliches gewesen ist. Ob das so gewesen ist, wissen wir schlicht und einfach nicht. Die entsprechenden Texte, in denen solches erzählt werden, sind stark legendenhaft und nicht zu Unrecht nicht Teil unserer Bibel.

Wir wissen nicht, ob Josef & Maria immer alles richtig gemacht haben. Was wir aber wissen, ist, dass sie in einigen wenigen Punkten ganz sicher das Richtige getan haben. Eigentlich in einem einzigen: Sie sind bei der Verheißung geblieben. Es ist das Kind, durch das diese Familie zur heiligen Familie wird.

Das ist schon mehr als Menschen gewöhnlich imstande sind zu leisten: Marias Ja liegt Monate zurück. Das Kind ist da, der Engel längst nicht mehr. Und Josef muss die Kraft für seine Überzeugung aus dem ableiten, was er träumt. Das hätte auch anders ausgehen können. Wenn denn nicht – und das ist jetzt der entscheidende Punkt – der Glaube stark genug gewesen wäre. Der Glaube, den Weg weiterzugehen. Im ganzen NT bezeichnet der Begriff „Heiliger“ nie die Vollkommenen, die Perfekten, sondern einfach jene Menschen, die an Christus glauben. Bei Pls. Die Heiligen – das sind immer die Mitglieder seiner Gemeinden. Die Heiligen sind die, die zu Christus gehören. Insofern Maria & Josef die ersten sind, die zu Christus gehören, ist ihre Familie eine heilige Familie. Und ihre Leistung besteht darin, bei der Verheißung zu bleiben. Also zu glauben. Wie Abraham: Und das rechnet ihm Gott als Gerechtigkeit an (Vgl. Gen 15,6).

Wir Menschen sind eigenartig: Wir wollen sicher gehen, dass wir uns nicht selber täuschen. Uns nicht irgendwelche Phantasie einbilden. Dazu brauchen wir die Bestätigung von außen. Das sind hier Simeon und Hannah. Beide haben eine ähnliche Funktion wie die Engel, die einmal der Maria im Zimmer und ein ander Mal dem Josef im Traum erschienen sind. Auch von Simon und Hannah können wir bis heute etwas lernen: Beide haben durch ihre Lebensführung – gottesfürchtig und gerecht – nicht nur einfach ein frommes Leben geführt. Sondern sie haben sich dadurch diese Wachsamkeit bewahrt, die es ihnen erlaubt, das Neue, das Unerwartete wahrzunehmen.

Tun wir das heute auch? Haben wir die Offenheit, den Christus wahrzunehmen, falls er sich uns in einem kleinen, unbekannten Kind offenbaren wollte? Im Jahr 2023 die heilige Familie zu feiern, bedeutet, dass wir Ausschau halten müssen. Wir sollen nicht sagen: Wir wissen eh schon, dass wir gerettet sind und dass die übrige Welt ist schlecht. Nein: Wir sollen Ausschau halten nach dem Messias. Irgendwo ist er, irgendwo zeigt er sich auch heute: im Alltag, in den kleinen Dingen, in der Begegnung mit Verwandten, Freunden oder auch in einem Fremden.

Diese Wachsamkeit will Christus von jenen, die zu ihm gehören. Sonst wäre er nicht als Kind im Stall geboren, sondern als Sohn eines Imperators. Wachsamkeit, gegenseitige Unterstützung und Gottvertrauen: Das sind die Merkmale jener, die zu Christus gehören. Das ist das, was uns alle zu Heiligen macht.

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Lesungen zum Fest der Heiligen Familie

Gen 15, 1–6; 21, 1–3 / Hebr 11, 8.11–12.17–19 / Lk 2,22-40

Author

windl@turmderwinde.eu

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