Es hat den Anschein, als wäre Weihnachten Mitte Dezember schon wieder vorbei: zumindest nach dem Abschnitt, der im Gottesdienst am 2. Adventsonntag gelesen wird (Mk 1,1-8). Da geht es schon um Johannes d. Täufer, wie er zur Umkehr aufruft und die Bibelfesten unter uns wissen, dass im unmittelbar darauffolgenden Vers schon der erwachsene Jesus zur Taufe kommt. Das liegt an der Eigenheit dieses Evangeliums: Der Evangelist Markus berichtet nichts von der Geburt oder der Jugend des Heilands. Und so müssen wir uns auch in jedem Markus-Jahr bei den anderen Evangelisten Anleihen machen, um den Weihnachtsfestkreis zu feiern.

Dafür hat der Evangelist Markus aber etwas Anderes, das ihn besonders macht: Er ist der „Erfinder“ – oder sagen wir besser der christliche Formgeber – des Begriffes Evangelium. Auf Deutsch heißt das Wort Frohbotschaft. Römische Bürger benannten damit die Ankündigungen, dass ein neuer Kaiser ausgerufen wurde. Jüdische Menschen benutzten den Begriff, um zu sagen, dass Gott sein Volk Israel befreien wird. Dafür soll es sich bereit machen, sagt der Prophet Jesaja. „Anfang des Evangeliums von Jesus, dem Christus“. Markus erinnert seine Hörer daran wie alles angefangen hat. Anfänge sind immer mit freudigen oder erwartungsvollen Emotionen verbunden. Stellen Sie sich einmal die Frage, wie „alles angefangen hat“, als Sie angefangen zu haben zu glauben…

Wenn wir heute auf unsere Kirche schauen, dann geht es häufig um moralische Fragen – was richtig und was falsch ist. Wir diskutieren um Gerechtigkeit und Ausgleich zwischen Armen und Reichen, zwischen Männern und Frauen. Wir sehen, dass unter Christen auch Leid und sogar Verbrechen geschehen. Und alle diese Fragen haben ihre Berechtigung, sie sollen und müssen gestellt und beantwortet werden bzw. sie sollen und müssen Konsequenzen haben. Auch im Hinblick auf das Urteil, das der Herr eines Tages über jeden von uns sprechen wird. Deshalb heißt es im Zweiten Petrusbrief: „...bemüht euch darum, von ihm ohne Makel und Fehler in Frieden angetroffen zu werden“ (2 Petr 3,14). Der entscheidende Punkt ist nicht, ein makelloses Leben bereits zu haben, sondern uns um ein makelloses Leben zu bemühen. Also einen Weg zu gehen. Der Apostel Paulus sagt das noch deutlicher „drum prüft immer was Gott gefällt“, schreibt er an die Römer (Vgl. Röm 12,2). Christlicher Glaube nimmt den Einzelnen in die Verantwortung, bei jeder Frage neu herauszusuchen, was Gott gefällt. Immer und immer wieder.

Aber – und das ist die große Überschrift des Evangelisten Markus – keine Frage – so wichtig sie auch ist – ist alleine und für sich genommen schon der ganze Glaube. Wenn wir an Jesu Reich Gottes mitarbeiten wollen, wenn wir seine Botschaft bezeugen wollen, dann reicht es nicht aus, nur aufzuzählen, was Christen alles nicht tun sollen: Nicht stehlen, nicht lügen, nicht Gewalt anwenden oder nicht morden usw. Dann müssen wir das Frohe in der Frohbotschaft wahrnehmen. Wir können die Welt, der wir von Christus erzählen wollen, nicht damit beeindrucken, dass wir nur von Moral sprechen. Das heißt natürlich nicht, dass Christen das Schlechte einfach übersehen sollen. Im Gegenteil: Wir sollen von Moral sprechen, sowohl untereinander als auch nach außen hin: aber zum geeigneten Zeitpunkt und in geeignetem Rahmen. Denn als Ganzes ist unser Glaube etwas, worüber sich Menschen freuen können.

Worin diese Frohbotschaft besteht? Der Evangelist Markus formuliert es nie explizit, aber es wird jedem klar, der sein Evangelium liest / hört: Es gibt einen Gott, der mit Dir geht, wo auch immer du stehst und was auch immer du getan hast. Sie alle kennen die Geschichte der verfeindeten Weltkriegssoldaten, die sich während einer Feuerpause am Weihnachtstag 1914 gegenseitig Geschenke machten. Das ist das, was uns Markus erzählt: Das menschliche Leid wird nicht weggezaubert, aber das Leid ist nicht alles und es ist nicht das Ende. Das ist die Botschaft von Jesus, dem Christus.

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Lesungen zum 2. Adventsonntag

Jes 40, 1–5.9–11 / 2 Petr 3, 8–14 / Mk 1,1-8

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windl@turmderwinde.eu

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