Es ist auffällig und ein bisschen eigenartig: Die heilige Cäcilia ist eine der wenigen Heiligen, deren Andenken der kirchliche Kalender nicht auslässt, selbst wenn Sonntag ist. Das liegt natürlich nicht daran, weil sie bedeutender gewesen wäre als andere Heilige. Genaugenommen wissen wir über die historischen Umstände der Märtyrerin kaum etwas Gesichertes. Sogar, dass sie in ihrem irdischen Leben etwas mit Musik zu tun gehabt hätte, ist wohl eher einem späteren Übersetzungsfehler geschuldet.

Und dennoch wird sie seit Jahrhunderten weltumspannend als Schutzpatronin der Musik bzw. der Kirchenmusik verehrt. Auch an so großen Herrenfesten wie dem heutigen Christkönigfest. Das liegt weniger an ihrem Leben im 3. Jahrhundert, sondern mehr am Jahrhunderte währenden Engagement ihrer „geistlichen“ Kinder, den Musikern und Musikerinnen. Wir können sagen: Diese musikalische Verehrung der heiligen Cäcilia ergänzt gewissermaßen die Thronfeierlichkeiten des königlichen Christus.

Das Besondere an der sakralen Musik ist es ja, dass sie von sich weg, auf Christus hin weist. Kirchenmusik ist – wir wissen es – im Gegensatz zu einem Stadionkonzert kein Selbstzweck, sondern findet erst ihre Vollendung im Dienst an Gott, im Gottesdienst. Christus ist das Zentrum: Das gilt für den einzelnen Gläubigen wie für die Kirche und – wie wir heute im Evangelium gehört haben – sogar für die ganze Welt. „..der Menschensohn in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm..“ – Der Evangelist scheint es uns mit den Engelchören nahe zu legen: Auch das Jüngste Gericht wird bei aller Rede und Gegenrede nicht ganz ohne Musik auskommen.

Hier müssen wir nun eine 2. Beobachtung notieren: „Alle Völker“ versammeln sich vor dem Weltenrichter. In der biblischen Sprache meint dies, dass auch die Andersgläubigen oder die Gar-Nichts-Glaubenden am Ende vor Jesus stehen werden. Die Menschheit wird am Ende ein einheitliches Ganzes. Eine Menschheitsfamilie, zu der jede und jeder einen Beitrag geleistet haben wird. Das Evangelium sagt es uns: Es sind die Werke der Barmherzigkeit, mit denen wir Christen Musik machen. Ganz unterschiedlich. Das Erlösungswerk Christi ist symphonisch, wie das der Schweizer Theologe Hans Urs von Balthasar einmal beschrieben hat. Auch die schwachen, die fast unhörbar gewordenen Stimmen gehören dazu. Ich kannte einen Franziskanerpater, der hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, am Cäciliensonntag nicht nur Kirchenmusikern, sondern allen Musikern zum Patronatstag zu gratulieren. Und da gab es einen Flötisten, der vermutlich wenig geglaubt hat und noch weniger mit Kirche etwas anfangen konnte. Aber insofern er Profi-Flötist war, hat er bisweilen im Kirchenorchester ausgeholfen. Und bei aller Kirchenferne: Das Cäcilienfest – ansonsten meist sehr weltlich organisiert – war ihm wichtig. Es war sein Fest, das Fest seines Berufsstandes.

Und dazu gehörte für ihn nicht nur die weltlich-fröhliche Cäcilienfeier, sondern dass der Pater auch ihm zum Patronatstag gratulierte. Sieh an, dachte ich mir: Es ist so, als würde über die Musikpatronin eine kaum wahrnehmbare Verbindung des Flötisten zu Christus offen bleiben. Die heilige Cäcilia hat einen seidenen Faden gespannt, der den Nicht-mehr Glaubenden zum Weltenrichter verbindet. Und wer weiß, wozu dem Flötisten dieser Faden noch verhelfen wird.

Liebe Brüder und Schwestern: Alle Menschen zusammen bilden gewissermaßen einen Chor oder ein Orchester. Das Weltengericht kommt als Symphonie daher: Es hat laute und leise Stimmen, manchmal klingt es majästetisch, manchmal desolat oder gar „Al niente“.

Aber wie auch bei anderen Symphonien ist das Weltengericht etwas, dem wir nicht mit Angst, sondern eher mit Vorfreude entgegensehen können. Immer vorausgesetzt, dass jeder und jede von uns das eigene Instrument auch bespielt und die Barmherzigkeit zum Klingen bringt. Sonst bleibt selbst die genialste Musik nur ein Notenbild auf einem Blatt Papier.

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Lesungen zum Christkönigsonntag 2023

– Ez 34, 11–12.15–17a / 1 Kor 15, 20–26.28 / Mt 25, 31–46

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windl@turmderwinde.eu

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