Er will gar nicht so recht ins Evangelium und erst recht nicht in unsere Zeit passen: dieser Mann, der Herrscher wird, obwohl ihn seine Bürger gar nicht wollen; der selbst von sich sagt, dass er unmöglich raffgierig ist; der seine Diener – oder Knechte (wie das gr. Wort auch übersetzt werden kann) so hart behandelt. Was also sollen wir davon mit nach Hause nehmen, am Fest des heiligen Leopold, der selber in seiner Lebensführung das Gegenteil zu sein schien: ein sorgsamer Familienvater, der bedacht war, seinen Kindern den Glauben weiter zu geben. Und ein umsichtiger Regent, der im Frieden für sein Land und seine Leute arbeitete. Eher passt Leopold zum ersten der Diener im Gleichnis: er hat ein Land geerbt, am Ende seines Lebens war es größer geworden und für die meisten Menschen darin wohl auch glücklicher. Aber ist das alles? Leopold von Österreich liegt weit in der Geschichte zurück. Er ist 1136 gestorben, rund 50 Jahre bevor in Assisi der seraphische Vater Franziskus geboren wurde. Und das Land, das Leopolds Namen trägt, hat seither eine vielfältige Geschichte durchgemacht. Es ist ein anderes Land geworden. Und dennoch kann dieses Evangelium, das noch einmal 1000 Jahre weiter zurückliegt, bis heute Anstoß geben.

Jesus erzählt ein Gleichnis, d.h. er nimmt aus der Lebenswelt, die die Menschen kennen, Bilder, um ihnen etwas zu sagen. Bei einem Bildwort muss nicht jedes Detail etwas besonderes bedeuten. Aber ein oder zwei Kerngedanken müssen klar werden. Jesus erzählt das Gleichnis nicht allen Hörern, sondern seinen Jüngern. Wie in ähnlichen Fällen tut er das, wenn er sie vor einer Gefahr bewahren will. Er erzählt es ihnen kurz bevor sie Jerusalem erreichen. Sie sind fast am Ende des Weges mit Jesus und auch wenn die großen Massen ausbleiben, so spüren sie die Strahlkraft der Botschaft und ihres Meisters. „Sie meinten das Reich Gottes werde sofort erscheinen“, heißt es einleitend. Der Satz ist in unserer Leseordnung ausgefallen. Das Gleichnis ist wie andere Gleichnisse eine Warnung davor, die Dinge nicht erzwingen zu wollen. Das verheißene Reich Gottes dient nicht dazu die Staatsverfassungen zu ersetzen. Die Staaten werden wohl bleiben, könnten wir hinzufügen. Und in Staaten gibt es nun einmal auch raffgierige und rücksichtslose Potentaten. Jesus fordert seine Jünger auf, sich um das zu sorgen, was ihnen in diesem Leben anvertraut oder geschenkt ist. Und das große Ganze der Weltrettung Gott zu überlassen. Er will, dass sich seine Jünger auf das konzentrieren, wo sie tatsächlich handeln können. Damit sie sich nicht in Dingen verlieren, die sowieso zu groß für sie sind.

Und dann ist da noch der 3. Knecht, dem es schlecht ergeht. Der Fehler liegt nicht in der mickrigen Mine, sondern die eigene Anmaßung. Er hält die Mine für eine schlechte Gabe, weil er den Mann, von dem er sie bekommen hatte, für einen schlechten Menschen hält. Und damit würde er auch nicht schlecht in unsere Zeit passen: Wie oft beurteilen wir Ereignisse je nachdem, ob wir die dahinter stehenden Personen für gut oder ungut halten. Jesus ist da klar: „Aus deinem eigenen Mund spreche ich dir das Urteil“, lässt er den Herrn sagen. Ob dieser Herr wirklich gut oder böse war, erzählt das Gleichnis nicht. Es erzählt, dass der 3 Knecht das dachte oder vielleicht gehört hat, und dass ihn dieses Urteil zuerst in die Angst und dann ins Verderben geführt hat. Jesu Gleichnis ist eine zeitlos gültige Mahnung. Wir können es einen Realismus des Alltags nennen. Das ist die Einsicht, von der die Lesung spricht. Es ist die wahre Weisheit, die auf Dauer mehr bringt. Hören wir nicht auf Gerede. Zielen wir nicht auf die Weltrettung. Sondern arbeiten wir an dem, was uns gegeben ist. Jeder nach seinen Fähigkeiten. Wie der heilige Leopold. Das ist sicher ein Nutzen für unsere Mitmenschen. Zur größeren Ehre Gottes.

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Lesungen

Spr 3,13-20 / Lk 19,12-26

Author

windl@turmderwinde.eu

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