DOKU: Sonnengesang des Franziskus
Der „Sonnengesang“ des seraphischen Franziskus wird 800 Jahre alt. Es ist eines der ältesten schriftlichen Zeugnisse der italienischen Sprache und gleichzeitig einer der meist verarbeiteten Texte der Weltliteratur. Die deutsche Fassung. Der „Cantico delle Creature“ ist das bekannteste Lied oder
Der „Sonnengesang“ des seraphischen Franziskus wird 800 Jahre alt. Es ist eines der ältesten schriftlichen Zeugnisse der italienischen Sprache und gleichzeitig einer der meist verarbeiteten Texte der Weltliteratur. Die deutsche Fassung.
Der „Cantico delle Creature“ ist das bekannteste Lied oder Gebet, das von Franz von Assisi (1181-1226) selbst stammt. Der Ordensgründer soll es 1225 verfasst haben, als er selbst in San Damiano krank im Bett lag. Der jubelnde Hymnus stellt eine Antwort auf die Erfahrung von Schmerz und Schwäche dar. Einigen Biographen zufolge fügte Franziskus die Friedensstrophe später hinzu, um einen Streit zwischen dem Bischof und dem Bürgermeister von Assisi zu schlichten. Eine später erfolgte Erweiterung ist auch die Strophe über „Schwester Tod“, die er verfasst haben soll, als er selber ein Jahr später dem Sterben nahe war (Per 7; SP 123). Das Gebet ist nicht nur eine Hymne auf Gottes gute Schöpfung, sondern fordert eine positive Hinwendung zur Welt und eine Annahme von Krankheit und Tod. Die deutsche Fassung unten folgt der grundlegenden Quellen-Edition Berg, Dieter / Lehmann, Leonhard: Franziskus-Quellen. Die Schriften des heiligen Franziskus, Lebensbeschreibungen, Chroniken und Zeugnisse über ihn und seinen Orden, Butzon & Bercker 2009.

1Höchster, allmächtiger, guter Herr,
dein sind das Lob, die Herrlichkeit und Ehre und jeglicher Segen.
Dir allein, Höchster, gebühren sie,
und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen.
2Gelobt seist du, mein Herr,
mit allen deinen Geschöpfen,
zumal dem Herrn Bruder Sonne,
welcher der Tag ist und durch den du uns leuchtest.
Und schön ist er und strahlend mit großem Glanz:
Von dir, Höchster, ein Sinnbild.
3Gelobt seist du, mein Herr,
durch Schwester Mond und die Sterne;
am Himmel hast du sie gebildet,
klar und kostbar und schön.
4Gelobt seist du, mein Herr,
durch Bruder Wind und durch Luft und Wolken
und heiteres und jegliches Wetter,
durch das du deinen Geschöpfen Unterhalt gibst.
5Gelobt seist du, mein Herr,
durch Schwester Wasser,
gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch.
6Gelobt seist du, mein Herr,
durch Bruder Feuer,
durch das du die Nacht erleuchtest;
und schön ist es und fröhlich und kraftvoll und stark.
7Gelobt seist du, mein Herr,
durch unsere Schwester, Mutter Erde,
die uns erhält und lenkt
und vielfältige Früchte hervorbringt
und bunte Blumen und Kräuter.
8Gelobt seist du, mein Herr,
durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen
und Krankheit ertragen und Drangsal.
Selig jene, die solches ertragen in Frieden,
denn von dir, Höchster, werden sie gekrönt.
9Gelobt seist du, mein Herr,
durch unsere Schwester, den leiblichen Tod;
ihm kann kein Mensch lebend entrinnen.
Wehe jenen, die in tödlicher Sünde sterben.
Selig jene, die er findet in deinem heiligsten Willen,
denn der zweite Tod6Þ wird ihnen kein Leid antun.
10Lobt und preist meinen Herrn
und dankt ihm und dient ihm mit großer Demut.